Durch die Gebietsreform kamen im Jahre 1974 mit den Hasenwinkeldörfern die Ortschaften Ochsendorf, Uhry und Beienrode zum Stadtgebiet Königslutter. Alle drei Dörfer sind sehr alte Siedlungen, deren hohes Alter durch Urkunden belegt ist.
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Ochsendorf, das alte ,,Ossendorp", war schon eine Siedlung mit überörtlicher Bedeutung, als der im Jahre 827 verstorbene Bischof Hildegrim diesen Wohnplatz mit dreißig anderen zum Missionsstützpunkt im Bistum Halberstadt bestimmte.
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Uhry wird um das Jahr 1000 als ,,Wurungon cum silva Alabure" (Uhry mit dem Wald Ölper) vom Bischof Bernward von Hildesheim dem Hildesheimer Michaeliskloster übereignet, dem diese Schenkung von Heinrich II. (1002 -1024) bestätigt wird.
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Beienrode, das alte ,,Bodenrod" wurde erstmalig im Jahre 980 erwähnt, als Kaiser Otto II. dieses Landgut, im altsächsischen Gau Derlingo gelegen, dem Grafen Mamecho erb- und eigentümlich schenkte.
Nun hat die Tatsache, daß es neben unserem Dorf noch einen Ort des gleichen Namens, ebenfalls an der Schunter und im alten Derlingo gelegen gibt, Zweifel hervorgerufen, für welches dieser beiden gleichnamigen Orte die obengenannte Urkunde vor eintausend Jahren ausgefertigt wurde.
Professor P. J. Meier äußerte in seinem Werk ,,Die Bau- und Kunstdenkmäler des Kreises Braunschweig" (Wolfenbüttel 1900) die Meinung, daß es sich bei dem in der alten Urkunde genannten Bodenrod wohl um Beienrode bei Flechtorf handeln würde.
Diese urkundlich nicht bewiesene Meinung übernahmen ohne Nachprüfung die Verfasser der ,,Kunstdenkmäler der Provinz Hannover III, 4, Kreis Gifhorn" (Hannover 1931) und die Bearbeiterin des Bandes „Der Landkreis Gifhorn" (1975).
Doch Dr. Bornstedt Braunschweig, der sich eingehend mit der Geschichte des ehemaligen Amtes Campen, zu dessen Territorium auch Beienrode bei Flechtorf gehörte, bestätigte mir, daß er bei seinen Forschungen nirgendwo für diesen Ort auf die kaiserliche Urkunde vom Jahre 980 gestoßen sei. Auch im „Geschichtlichen Ortsverzeichnis des Landes Braunschweig“ hält Dr. H. Kleinau, einer der besten Kenner der Braunschweigischen Landesgeschichte, diese Kaiserschenkung für Beienrode bei Flechtorf für unwahrscheinlich. Dr. Bornstedt empfahl zur Klärung der strittigen Frage die Arbeit von Dr. Ranzi ,,Königsgut und Königsforst im Zeitalter der Karolinger und Ludolfinger und ihre Bedeutung für den Landesausbau" (Halle/Saale 1939) heranzuziehen. In dem dort veröffentlichten Verzeichnis aller festgestellten kaiserlichen Schenkungen, die zum größten Teil zu Gunsten von Klöstern und Kirchen erfolgten, steht eindeutig auf Seite 62: ,,Beienrode a. d. Schunter b. Königslutter - Besitz an eine weltliche Person" und auch die Bezeichnung dieser Urkunde vom Jahre 980. Die von der Stadtverwaltung Königlutter veranlaßten Erkundigungen beim Staatsarchiv Wolfenbüttel und beim Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv Hannover brachten keine Klärung der Ortsfrage. Das Fehlen absoluter Gewißheit ist zu bedauern. Es ist auch kaum zu erwarten, daß die Forschung sich mit der entgültigen Entscheidung dieser Frage beschäftigen und dabei die von Ranzi veröffentlichte Bestätigung dieser Urkunde für Beienrode am Dorm widerlegen wird. Diese Frage wird zu den vielen ungeklärten Fällen der heimatlichen Geschichtsforschung gehören wie die in diesen Tagen auflebende Diskussion über das Besitzrecht an dem weltbekannten Braunschweiger Löwen auf dem Burgplatz, um das sich die Stadt Braunschweig und das Land Niedersachsen nicht einigen können, da beide Interessenten keine Urkunden für ihren Anspruch vorlegen können. Und auch Hamburgs Geschichte lebt seit vielen Jahrhunderten mit einer Geburtsurkunde der Stadt, dem aus dem Jahre 1189 stammenden sogenannten Freibrief Kaiser Friedrich Barbarossas, der eine Fälschung ist.
Uns muß die vom Niedersächsischen Hauptstaatsarchiv kommende Bestätigung genügen, ,,daß Beienrode am Dorm zu den im hohen Mittelalter angelegten Rodesiedlungen gehört und tatsächlich auf ein Jahrtausend seiner Geschichte zurückblicken kann
Die strittige Urkunde ist zu finden im Urkundenbuch des Hochstifts Halberstadt und seiner Bischöfe, Bd. 1, Urkunde 46, und wurde am 10. September des Jahres 980 in Bodenfelde - an der Weser bei Kloster Lippoldsberg - in lateinischer Sprache ausgestellt. In der Übersetzung, für die ich Herrn Dr. Seth Demel - Beienrode - herzlich danke, heißt es u. a. dort:
Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit: Otto, durch göttlich wohlwollende Güte ,,imperator augustus", nach neuer Art durch den Fleiß unserer sämtlichen Getreuen, sowohl der gegenwärtigen wie auch der zukünftigen. In gleicher Weise wie wir durch die Vermittlung unseres getreuen Theoderich (Dietrich)...
Das Besitzrecht, das wir an dem Landgut Bodenrod haben, das in dem Derlingo genannten Gau und in der Grafschaft des erwähnten Markgrafen liegt, übertragen wir samt allem Zubehör zu diesem Besitzrecht, und zwar Hörigen beiderlei Geschlechts, Gebäuden und freien Plätzen, bestellten und unbestellten Grund und Boden, Acker und Wiesen, Feldern und Weiden, Wälder und Wildbestand, Gewässer und Waldläufe, Fischerei und Mühlenrechte, begehbaren und unzulänglichen Stellen, Erträge und Einkünfte, und zwar erworbene wie erstrebte, und sämtliches Zubehör, das außerdem noch angeführt und genannt werden kann aus unserer Rechtszuständigkeit in den den Besitz dieses unseren treuen Mamecho und übertragen es ihm uneingeschränkt als Eigentum. Das bedeutet, daß der bereits erwähnte Mamecho fortan die freie Verfügungsberechtigung hat, mit diesem Landgut zu machen, was er will. Er kann es weitergeben oder austauschen oder verkaufen oder lieber für sich behalten.
Außerdem haben wir auf Grund der Bitte und Anregung unseres treuen Grafen Sibert ihm zum Eigentum gegeben . . . . Gattin mit Namen Wilburg und deren Söhne sowie des Odo Gattin Adalburg und deren Söhne und Töchter. Und damit die Gültigkeit unserer Schenkung für künftige Zeiten stärker und dauerhafter sei, haben wir befohlen, diese unsere kaiserliche Schenkungsverfügung, die hier aufgezeichnet ist, mit unserem Siegel zu siegeln. Außerdem haben wir sie durch eigenhändige Unterschrift bekräftigt - wie unten zu sehen ist.
Unterschrift des Grundherrn Otto des stets unbesiegbaren Kaisers
Ich habe es anerkannt: Hildebald Bischof, der Kanzler in Stellvertretung: Williges, Erzkapellan
Am J0. September 980 nach der Menschwerdung des Herrn Geschehen zu Botveld. Möge es glücklich verlaufen! Amen.
Die eintausend Jahre Geschichte unseres Dorfes, die zwischen der ersten urkundlichen Erwähnung und heute liegen, überbrücken einen zeitlichen Abstand den unser Vorstellungsvermögen nicht mehr zu erfassen vermag. Es fällt uns doch schon schwer, die Welt unserer Eltern, Großeltern oder gar der Urgroßeltern, bis in die die eigentliche Erinnerung, die mündliche Familientradition zurückreicht, zu begreifen und zu verstehen. Leichter wird der Blick in die Vergangenheit, wenn dieser örtliche Gedenktag zum Anlaß genommen wird, den Einwohnern und besonders den jungen Menschen, die jetzt hier ihre Heimat haben, aus der Geschichte des Dorfes zu berichten.
Vor über fünfzig Jahren hat Herr Georg Willeke - Beienrode in mühseliger Kleinarbeit und mit umfangreichen Archivstudien die längst vergriffenen ,,Beiträge zur Geschichte des Kirchspiels Ochsendorf" gesammelt, bearbeitet und als Buch herausgegeben. Die darin enthaltenen Beiträge aus der Geschichte des Dorfes Beienrode und seines Rittergutes sind es wert, aus der Gefahr des Vergessenwerdens gerettet zu werden.
Daneben wird auch aus der 1977 fertiggestellten Untersuchung von Frl. Eva-Maria Saldavs über ,,Phasen und Formen de Strukturwandels von Beienrode bei Helmstedt: Gutsdorf - Bergwerksgemeinde - Pendlergemeinde" manches über die Entwicklung unseres Ortes von Interesse sein und die Geschichte der eintausend Jahre bis heute ergänzen.
Juni 1980 Wilhelm C. Spennemann