Seit die Familie von Veltheim im Anfang des 15. Jahrhunderts das Rittergut Beienrode übernahm, ist durch Gutsakten und durch die Geschichte des Geschlechts vieles aus der Geschichte unseres Ortes bekannt.

Diese braunschweigische Adelsfamilie besaß seit dem 14. Jahrhundert an der Nordwestecke des Elmes umfangreichen Landbesitz um Destedt und Veltheim. In den ersten Generationen gehörten sie zu den ritterlichen Familien, für die die Kraft des eigenen Schwertes mehr galt als alles andere. Sie waren Waffengefährten ihres Landesherren, kämpften mit ihm in der Hildesheimer Stiftsfehde und überall, wo der Braunschweigische Herzog den waffenstarken Arm seines Adels nötig hatte. Diese Treue schloß aber nicht aus, daß sie selbstbewußt eigene Wege gingen wie in der Zeit der Reformation, als sie in der Stammburg Destedt einen lutherischen Prediger anstellten, während der Hof zu Wolfenbüttel noch streng katholisch war. Sie verpfändeten bei Geldmangel Teile ihrer umfangreichen Besitzungen, lösten sie wieder ein und hatten bei der fast immer großen Kinderzahl manche Teilung ihrer Güter zu überstehen. Spätere Generationen bekleideten oft Hofämter, dienten ihrem Fürsten als Drost, Schatzrat oder Hofjägermeister und übernahmen diplomatische Aufgaben.

Auch der hier ansässig gewordene Zweig der Familie war in den ersten zwei bis drei Generationen noch stark am Fehdewesen der unruhigen Zeit des 15. Jahrhunderts beteiligt wie die fünf Söhne Achim, Klamor, Othrave, Ludolf und Hans des 1471 verstorbenen Hans von Veltheim, die 14 Tage nach Ostern 1482, wie in der Familiengeschichte beschrieben wird, ,,aus Hoffahrt und Einbildung die Kühe und Ochsen, die dem Herzog von Lüneburg geliefert werden mußten, in ihren Besitz brachten. Die Bauern aus dem ,,Poppendicke" (Papenteich) machten aber eine Nachjagd und überwürfen sich mit den Räubern und schlugen vor Glentorf und bei Beyenrode 8 Reuter tot und waren die Bauern so toll und rasend, auch so grimmig und zornig, daß sie auch etliche Pferde mit den Reutern zu Tode schlugen". War es wirkliche Reue, oder steckte der Zwang des Beichtvaters dahinter, wenn wir ein Jahr später lesen, daß der auf dem Familienbesitz Harbke lebende Othrave mit seinen Brüdern für sich und seine Anverwandten eine Memone von 140 Mark Kapital, jährlich mit 3 Mark aus dem Dorf Beyenrode zu erheben, dem heiligen Kreuzaltar der St. Katharinenkirche zu Oebisfelde stiftete? Vielleicht war es auch eine spätere Buße, daß im Jahre 1488 Othrave mit seinen Brüdern Ludolf und Hans das Dorf Beyenrode für 500 Reichsgulden dem Kloster Riddagshausen wiederkäuflich überließ.

Erst der in der Stammtafel der Veltheims als Heinrich VI. geführte Angehörige des Geschlechts wird dort als ,,Herr auf Destedt, Harbke und Beyenrode" genannt. Er kämpfte als junger Mann in der Hildesheimer Stiftsfehde mit und gehörte zu den in der Schlacht bei Soltau - 1520 - gefangenen Rittern. Zwanzig Jahre später verhandelte der Vater von 11 Kindern mit dem Abt des Klosters Riddagshausen über die seit 1488 im Pfandbesitz des Klosters befindlichen Dörfer Beyenrode und ,,Ampsdorf" (Ahmstorf). Erst sein Sohn, Heinrich VII., löste gegen Zahlung eines gehörigen Aufgeldes für 700 Goldgulden den verpfändeten Besitz wieder ein. Dieser am 15. 6.1577 verstorbene Gutsherr, der in Destedt begraben wurde, war der mutige Anhänger der neuen Lehre, der 1558 den ersten lutherischen Prediger in Destedt einführte. Im gleichen Jahr wurde der Sohn Heinrich VIII. geboren, der als Freiherrlich Braunschweiger Drost im Jahre 1593 mit seinem Bruder Achim einen Erbvertrag abschloß, wonach dem Bruder Destedt gehörte und er Harbke und Beyenrode behielt. Er hatte 15 Kinder und seine Witwe Katharina, geborene von Münchhausen, erlebte bis zu ihrem Tode, wie in der Leichenpredigt zu lesen, 113 Kinder, Enkel und Urgroßkinder. Heinrich VIII. starb 1615 in Halle und wurde in der Kirche Ochsendorf begraben. Nach ihm wurde sein Sohn Phlipp Sigmund Herr auf Beyenrode. Er war am 20.10.1600 zu Beyenrode geboren und hinterließ bei seinem frühen Tod 1646 sechzehn Kinder. Sein kurzes Leben war von den Nöten des 30jährigen Krieges überschattet und die Familienchronik meldet: „Er hat viel Mühe, Gefahr, Flucht und Beschwerde in diesen höchst schädlichen und verderblichen Kriegswehen in vielem Durchziehen der Armeen, in unterschiedlichen Plünderungen und bei der Belagerung der Stadt Göttingen ausgestanden“.

Nach ihm besaß der 1627 geborene Heinrich Christoph die Güter Harbke und Beyenrode, der als Fünfzigjähriger diesen Besitz seinem Bruder Georg Philipp 1. überließ. Dieser war Domherr zu Magdeburg und Drost zu Niedeck. Er war verheiratet mit Luise von Stammer, hinterließ acht Kinder und starb, wie auch seine Witwe, in Beyenrode. Um 1700 war Friedrich Ulrich, geboren am 25. März 1675, als Fürstlich Braunschweigischer Schatzrat Herr auf Unterburg Destedt mit Kremlingen und Beyenrode. Von seinen 13 Kindern wurde der 1703 zu Destedt geborene älteste Sohn Georg Philipp sein Nachfolger. Dieser studierte 1721 an der Universität Helmstedt, erhielt 1724 ein Abgangszeugnis der Universität Altdorf und war anschließend als Oberamtmann im Dienst des Landgrafen von Hessen. 1738 erhielt er bei einer Erbteilung sämtliche Güter seines Vaters und trat in den Dienst des Herzogs von Braunschweig, dem er ab 1740 als Hofjägermeister diente. Im gleichen Jahr kaufte er die Oberburg Destedt von seinem Vetter Anton Ulrich und im folgenden Jahr die Feldmark Sarling bei Rhode von Georg Ludwig von der Wense auf Mörse. Diese Neuerwerbung mit 396 Morgen Ackerland, 98 Morgen Wiesen und 956 Morgen Wald kostete 11.180 Thaler. Für das nun mit ausreichenden Ländereien ausgestattete Gut war auch der Neubau des Gutshofes be­stimmt, den Georg Philipp um das Jahr 1735 zu bauen begann.

Von dem alten Gutshof und von dem Wohngebäude blieb nichts erhalten. Vielleicht ist die lange Gutsmauer, die entlang der alten Straße ,,Im Adel" - jetzt Steinumer Straße - steht, der letzte Überrest des alten Gutshofes. Vertiefungen an der Innenseite dieser Mauer im Bereich der Gärtnerei und des Parks, auf die mich Pfarrer Spellmeyer aufmerksam machte, können von damals abgerissenen Anbauten stammen. Die Gärtnerei und der Park sind erst mit dem Neubau des Gutshofes eingerichtet worden, so daß dort sehr wohl irgendwelche Wirtschaftsgebäude der alten Zeit gestanden haben könnten, und die Vermutung, die Mauer stamme aus den wildbewegten Zeiten, in denen das Bedürfnis gesichert zu leben notwendig war, ist gewiß nicht zu abwegig.

Am 2. Januar 1753 stellte der Gutsherr den Weiterbau in Beienrode ein, um nach Destedt zu ziehen. Er verkaufte Beienrode für 27.000 Thaler, den Sarling für 18.000 Thaler, dazu den Korn- und Fleischzehnten zu Rottdorf „unter dem Amt Königslutter gelegen" für 5.000 Thaler an den Berghauptmann Georg Gottfried von Bülow. Im Familienvergleich vom 9. Mai 1753 gaben die Geschlechtsvettern ihre Zustimmung zu diesem Verkauf von Beynrode unter der Bedingung, daß 36.100 Thaler durch Ankauf eines anderen Gutes angelegt würden. Der Rest des Kaufpreises wurde in Anbetracht der großen Bauten, die Georg Philipp in Beyenrode errichtet hatte, ihm zur freien Verfügung überlassen. An ihn und seine Frau Catharina Charlotte von Lindheim erinnern die beiden Wappen über der Einfahrt im Torhaus des Gutes.

Um ungestört durch die bis dahin recht häufigen Streitigkeiten zwischen Gutsherrschaft und Bauern die Entwicklung des Gutes fördern zu können, schloß der neue Gutsherr am 3. September 1754 fünf Verträge mit den Dorfbewohnern. In ihnen wurden folgende Interessen vergleichsweise geregelt: Die Teilung des Moores, die Fischerei in der Schunter, die Bullenhaltung, die Kultivierung der Landwehr und die Haltung von Vieh mit der Verteilung des Hirtenlohnes. Der Berghauptmann von Bülow war begeisterter Anhänger der Wirtschaftsideen des seit 1735 in Braunschweig residierenden Herzogs Karl I. Dieser wollte Handel und Wandel in seinem Lande fördern, sorgte u. a. durch Gründung des Collegium Carolinum, der ersten Technischen Hochschule in Deutschland, für Kultur und Wissenschaft und hatte vielerlei Pläne zur Er­richtung neuer Erwerbsquellen, wie die von ihm 1747 gegründete Fürstenberger Porzellanmanufaktur zeigt.

Im benachbarten Königslutter entwickelten sich durch diese landesherrliche Anregung besonders der Krappanbau, um roten Farbstoff für die Tuchfärber zu fabrizieren, und die Anpflanzungen von Maulbeerbäumen, um im eigenen Land Seidenraupenzucht betreiben und Seide herstellen zu können. Eine der damals dort angelegten Plantagen lag am Ochsendorfer Weg und erinnert mit seinem Namen ,,Plantage" noch heute an diese Zeit.

Wie der beienroder Gutsherr die Anregung seines Landesvaters zu verwirklichen sich bemühte, beschreibt Georg Willeke:

„Um 1750 wurde auf dem Gute eine Branntweinbrennerei betrieben. In der Zeit von 1758 bis 1759 verarbeitete man 15 Wispel Weizen und 40 Wispel 39 Himten Roggen. Daraus wurden in 322 Bränden 99 Oxhoft 12 Stübchen Branntwein gewonnen“. ,,Stübchen" war ein Flüssigkeitsmaß und war gleich 4 Quartier oder 3,75 Liter. 27 Stübchen gingen auf eine Tonne und 4 Tonnen auf ein Faß. Ein Oxhoft kostete 18 Reichsthaler 4 mgr 4 Pfennig. Dazu kam, wenn der Schnaps nach dem Harze gefahren wurde, an Zoll: in Schöppenstedt 9 mgr, in Homburg 1 mgr 4 Pf und in Vienenburg 1 mgr. An Fuhrlohn für die Rückfahrt ein Reichsthaler. Verkauft wurde in jenem Jahr 74 Oxhoft und 38 Stübchen, die nach Peine, Goslar, dem Harze, nach der Brunsohle und für die alliierte Armee nach Minden gingen. Vom Quartal Luciä 1759 ab wurde der Branntwein für 14 mgr pro Stübchen abgegeben.

Am 22. Dezember 1759 teilte der Land- und Branntweinakziseverordnete, Kommissar Möschel aus Goslar, dem Berghauptmann von Bülow mit, dass seine Leute niemals Passierzettel anforderten, wenn sie durch braunschweigisches Gebiet mit Branntwein führen. Die Unterlassung der Anforderung jener Zettel sei mit dem Verluste von Branntwein, Pferden und Wagen verpönt.

Auch Pottasche wurde auf dem Rittergut hergestellt. Die Fabrikation war aber nur zeitweise in Betrieb. Immerhin brachte dieser Erwerbszweig eine jährliche Einnahme von 100 Thalern.

Auch der Plan des Herzogs, die Schunter schiffbar zu machen, fand bei Herrn von Bülow, der für die auf dem Gute erzeugten Produkte neue Absatzgebiete erschließen wollte, Verständnis und tatkräftige Unterstützung. Als der Herzog eine Kommission nach Beienrode sandte, um mit von Bülow über dieses Projekt zu verhandeln, konnte dieser den Hof- und Kammerräten aus Braunschweig schon einen Kanal zeigen, den er durch seine Dienstleute hatte graben lassen, um die in vielen Windungen durch die moorigen Wiesen fließende Schunter zu begradigen. Dieser später verbreiterte Kanal ist der heute in gerader Linie am Gutspark sich hinziehende Flußlauf. Einen in Aussicht gestellten Ersatz der Kosten lehnte der Berghauptmann ab, doch erbat er Befreiung vom Brücken- und Schleusengeld und vom Zoll, der sonst in Lehre erhoben wurde.

Später erhielt er auch noch Freistellung vom Braunschweiger Zoll, für den von ihm in das Harzgebiet transportierten Branntwein. Außerdem wurde ihm im Jahre 1764 ein Lagerplatz für seine Produkte in Braunschweig am Fallersleber Tor zur Verfügung gestellt.

Zu der Zeit hatte schon der Sohn Johann, Julius, Karl, Franz von Bülow das Gut übernommen, der die am 5. Dezember 1742 geborene Tochter Elisabeth Auguste des Vorbesitzers von Veltheim heiratete, die hier bis 1795 als Gutsherrin lebte. Von diesem Ehepaar erwarb Major Johann August von Veltheim das Rittergut, der hier ab 1820 als Kgl. Großbritannischer Generalleutnant lebte. Seine Ehefrau Amalie Philippine, geb. von Hugo-Sulz hatte als Bevollmächtigte ihres Ehemannes schon 1813 die Landwirtschaft an Hauptmann von Horn in Uhry verpachtet. Im Jahre 1828 kaufte nach dem Veltheimschen Konkurs Georg von Garßen den Besitz.